Allgemein
Naturverjüngung und Forstwirtschaft
Die Forstwirtschaft wollte sich lange Zeit nicht „überraschen“ lassen, was mittels Naturverjüngung von selbst nachwächst. Das Ergebnis der Walderneuerung sollte planbar sein. Daher wurden gezielt einige wenige Baumarten bevorzugt und gepflanzt, die schnell wuchsen und rasch Holz lieferten. Über Jahrzehnte war das v. a. die Fichte. Schon damals entsprach die Fichte jedoch in vielen Regionen Österreichs nicht jener Baumart, die dort von Natur aus wachsen würde. Im Zuge des Klimawandels geht es der Fichte nun an den Kragen. In Zukunft wird sie in etlichen Bereichen Österreichs ein Auslaufmodell sein, ganz besonders in den warm-trockenen Tiefländern der Osthälfte. Daher setzen Forstbetriebe in letzter Zeit stärker auf Tanne, Lärche und Laubbäume. Und eben auf Naturverjüngung.
Vorteile der Naturverjüngung (u. a.)
- Naturverjüngung ergibt eine reichhaltige Auswahl verschiedener Baumarten. Dadurch wachsen eher „standortgerechte“ Jungbäume nach, die optimal an Klima und Boden des jeweiligen Standortes angepasst sind.
- Durch Naturverjüngung ist der Wald widerstandsfähiger und „zukunftsfitter“: Je mehr verschiedene Baumarten nachwachsen, desto wahrscheinlicher ist es, dass zumindest ein paar von ihnen auch gut an geänderte Lebensbedingungen der Zukunft angepasst sind.
- Mischwälder aus vielen verschiedenen Baumarten sind weniger anfällig gegenüber Stürmen und Borkenkäferbefall.
- Naturverjüngung ist die kostengünstigste Form der Walderneuerung: Jungbaum-Produktion und Pflanzung übernimmt die Natur – zum Nulltarif. Danach braucht es allerdings oft Pflege: Der Förster wählt jene Baumarten aus, die er fördern möchte. Er sorgt dafür, dass die betreffenden Jungbäume nicht von Gras oder Sträuchern überwuchert werden und dass sie genügend Licht (oder Schatten) bekommen.
Grenzen der Naturverjüngung
Naturverjüngung über Früchte und Samen funktioniert nur dort, wo noch jene Baumarten vorhanden sind, die nachwachsen sollen. Gibt es in einem reinen Fichtenforst z. B. keine Buchen mehr, können auch keine nachwachsen. Aus dem gleichen Grund kann man über Naturverjüngung keine neuen Baumarten einbringen – etwa solche, die im Zuge des Klimawandels besser zum Standort passen.
Probleme bereiten der Naturverjüngung auch die Wildbestände in Österreich. Sie sind vielerorts überhöht. Insbesondere Hirsche, Rehe und Gämsen knabbern an Knospen, Trieben, Blättern oder Nadeln von Jungbäumen („Verbiss“). Sie nagen oder ziehen die Baumrinde junger Bäume ab („Schälen“). Oder sie entfernen die Rinde mit dem Geweih oder Gehörn („Fegen“). All diese „Schäden“ betreffen insbesondere Arten, die ohnehin schon in geringerem Ausmaß vertreten sind (Laubhölzer, Tanne, Lärche). Somit wachsen zu wenige Jungbäume dieser Arten nach, der Anteil der Fichte nimmt noch weiter zu (= „Baumartenentmischung“). Ähnliche Auswirkungen kann es haben, wenn Vieh (v. a. Kühe) im Wald weidet. Ein großflächiges Setzen auf Naturverjüngung muss somit einhergehen mit einer daran angepassten Wild- und Weidetierdichte.
Naturverjüngung im Berg- und Schutzwald
Im Gebirge erfüllt der Wald oft auch eine Schutzfunktion: Er bewahrt Menschen, Straßen, Bahnstrecken oder Häuser vor Lawinen, Steinschlag und Hangrutschungen. Gerade der Schutzwald ist laut „Österreichischer Waldinventur“ aber von Wildeinfluss und mangelnder Naturverjüngung besonders betroffen. Österreichs Schutzwald „vergreist“ zunehmend und wird immer „gebrechlicher“.
Zahlen & Fakten
(Quellen: BFW, BMNT, Umweltbundesamt)
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