Allgemein
Holzschindeldächer und –Fassaden (v.a. in Vorarlberg) sind ein prägendes Element der Kulturlandschaft in Österreich. In einigen Regionen wurde auch Schiefer aufgrund seiner guten Spaltbarkeit als Schindel für das Eindecken von Dächern verwendet (z.B. Innergschlöss, Hohe Tauern). Die Holzschindel ist heute wieder durchaus modern und zwar nicht nur aufgrund einer Rückkehr zu traditionellen Bauweisen, sondern auch wegen ihrer besonderen Quell-Eigenschaften bei Kontakt mit Wasser und guten Haltbarkeit. Gleichzeitig wird damit ein altes Handwerk wiederbelebt.
Die Herstellung von Holzschindeln:
- Spaltschindel: Das Holz wird nach seinem natürlichen Faserverlauf gespalten – umgangssprachlich „gekliabt“. Der „Schindler“ spaltet das Holz, welches astfrei und möglichst feinfasrig sein sollte, mit einem „Schindelmesser“ und einem „Schlägel“. Auf der „Schindelbank“ wird die Rohschindel festgehalten und kann mit einem breiten Messer nachbearbeitet werden. Der Vorteil der Spaltschindel ist ihre längere Haltbarkeit im Vergleich zur Sägeschindel, da durch die erhalten gebliebene Faserstruktur weniger Wasser aufgenommen wird.
- Sägeschindel: Das Holz wird geschnitten, der Holzfaserverlauf zerstört. Die Schindel weist eine geringere Haltbarkeit auf, bietet aber vielfältigere Gestaltungseinsätze vor allem im Wandbereich.
Bestes Holz für die Schindel:
Im Prinzip wurde jeweils das Holz für die Schindelherstellung verwendet, das regional zur Verfügung stand. Im Alpenraum griff und greift man besonders gerne zu Lärchenholz, da dieses extrem witterungsstabil ist.
Verschiedene Deckungsarten:
Scharschindeldach: Dabei werden die Schindeln in Dreifachüberlappung auf eine Lattung aufgenagelt. Diese Art der Dacheindeckung eignet sich auch für steile Dächer gut.
Legschindeldach: Dabei werden die Schindeln in zwei- oder dreifacher Überdeckung nur aufgelegt und mit Steinen, die auf Schwerstangen liegen, gesichert, daher auch der Name „Schwerdach“. Um die Lebensdauer des Legschindeldaches zu erhöhen, werden die Schindeln alle paar Jahre umgedreht, so dass immer eine Seite der Schindel nach oben kommt, die noch nicht verwittert ist.
Die Genialität der Holzschindel:
Wird das Dach nass, streckt sich die Schindel und liegt flach auf, wodurch das Wasser optimal außen abrinnt. Trocknet die Schindel, dreht sie sich leicht auf, wodurch Luft auf die darunterliegenden Schindeln kommt, so dass das gesamte Konstrukt gut trocknen kann. Damit erhöht sich die Lebensdauer des Daches massiv. Dieses Phänomen wird als „Tannenzapfen-Effekt“ bezeichnet.
Zahlen & Fakten
Die Haltbarkeit von Schindeldächern ist von der Holzart abhängig:
- Spaltschindeln aus Fichtenholz hielten früher zwischen 30 und 40 Jahre
- Spaltschindeln aus Lärchenholz hielten früher zwischen 50 und 70 Jahre
In der heutigen Zeit geht man allerdings davon aus, dass die Haltbarkeit geringer ist. Gründe dafür sind Umwelteinflüsse sowie auch eine schlechtere Holzqualität der heimischen Baumarten.
Neue Schindeldächer sind heute ein teurer Luxus: Ein m2 Schindeldach aus handgespaltener Lärche mit 300 mm Länge kostet zwischen EUR 50.- und 60.-.
Vor allem im Bereich des Landschaftsschutzes und hinsichtlich des touristischen Mehrwertes fördert z.B. das Land Tirol Ausbesserung und Neuschindelung alter Dächer, damit nicht auf billigere Alternativen wie Welleternit oder Ziegel umgestiegen wird.
Aber auch in der modernen Architektur wird gerne auf Schindeldächer und/oder -fassaden gesetzt. Beispiele hierzu lassen sich viele finden – etwa im modernen Schutzhüttenbau (z.B. neue Voisthalerhütte, Dümlerhütte, Kellerjochhütte, Geraer Hütte, …) oder auch bei Seilbahnstationen (z.B. Obertilliach), die sich in die Landschaft bzw. in die Ortsstruktur einfügen sollen.
Schuppenförmige goldbraune Schindeln © Richard Mayer, Westallgäu Schindeln - panoramio, CC BY 3.0
Holzschindel als Fassadenverkleidung © High Contrast, Wikimedia Commons, CC BY 3.0 DE
Schindelverkleidete Fassade © Richard Mayer, Alter Pfarrhof, Sulzberg, CC BY 3.0