Allgemein
Waale kommen im Alpenraum vor allem im Südtiroler Vinschgau vor, aber auch in den Trockentälern Nordtirols findet man diese alten, heute meist nicht mehr in Verwendung befindlichen Kanäle zur Bewässerung der Felder und Wiesen. Mittels Schleusen kann das Wasser aufgehalten, um- und oder ausgeleitet werden. Über durchlöcherte Rohre lässt man das Wasser zuletzt gleichmäßig über eine Wiese rieseln (Rieselbewässerung).
Waale liefern oder lieferten dabei aber nicht nur Wasser für die Felder und Wiesen, sondern oftmals auch für den Betrieb von Mühlen, für Tiertränken oder – in früheren Zeiten vor allem – auch für das tägliche Trinkwasser.
Die Anlage eines Waales
Die Anlage eines Waales ist eine ausgeklügelte Sache. Die Kanäle kommen in den allermeisten Fällen völlig ohne Pumpen aus. Allein das Gefälle des Geländes reicht aus, um das Wasser am Fließen zu halten. Ist das Gebiet steinschlaggefährdet, wird der betroffene Teil des Waals so verbaut, dass das Wasser durch einen Tunnel fließt. Am einfachsten wird dies erreicht, indem plattige Steine den Graben abdecken. Diese unterirdischen Waalabschnitte – die „Karnillen“ – verfügten zum Teil über Kontrollschächte, durch die man den Zustand des unterirdischen Kanals begutachten konnte.
Denn in früheren Zeiten war die Funktionstüchtigkeit des Waalsystems ausschlaggebend für eine gute Ernte und gesunde Tiere. Der so genannte „Waaler“ ging daher den gesamten Verlauf des Kanals einmal am Tag ab und kontrollierte die Kanäle, entleerte allfällige Rechen und prüfte die Schleusen bzw. die Schwellbretter, mit deren Hilfe man die Wassermenge genau regeln konnte. An manch neuralgischem Punkt wurden z.B. Glocken angebraucht, die zu läuten begannen, sollte sich der Wasserstand aus welchen Gründen auch immer drastisch ändern.
Zahlen & Fakten
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele der alten, arbeitsintensiven Waale zugunsten moderner Bewässerungsmethoden ersetzt. Das Waalsystem diente den verlegten Rohren zwar oft als Unterlage, die Waale selbst wurden aber vielfach gänzlich aufgelassen.
Einige wenige dieser traditionellen Bewässerungskanäle sind bis heute erhalten und werden liebevoll gepflegt. Wanderungen entlang von so genannten „Waalwegen“ sind besonders angenehm, da die Steigung bzw. das Gefälle meist sehr moderat sind. Insbesondere in der Vinschgauer Kulturlandschaft gehören die Waalwege heute zur touristischen Besonderheit – einer davon führt etwa zum bekannten Schloss Juval.
Aber auch in Österreich, und hier vor allem im niederschlagsarmen Tiroler Oberland, gibt es uralte Waale, die heute zum Teil wieder restauriert und in Stand gesetzt werden. Dies geschieht aber nicht nur aus touristischen Gründen, sondern vor allem, weil man erkannt hat, dass durch die geschickte Verteilung des Wassers inkl. der Rieselbewässerung der Felder, die wertvolle Ressource Wasser besonders effizient eingesetzt werden kann – ein Umstand, der im Zuge der zu erwartenden Trockenperioden durch den Klimawandel immer wichtiger wird.
In der Gemeinde Prutz in Tirol, die immer schon extrem niedrige Niederschlagswerte zu verzeichnen hatte, hat man den großen Wert der alten Waale erkannt. Seit dem bedrohlich trockenen Sommer 2018 will die Gemeinde – gemeinsam mit sieben weiteren Orten – das Netz aus Waalen wieder aktivieren, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein.
In der Region wurden 652 Waale aufgespürt, der längste davon weist eine Länge von 14 km auf. Im Jahr 2018 hat die UNESCO die Tiroler Waale als immaterielles Kulturerbe aufgenommen.
Quelle: https://tirol.lko.at/waale-traditionelle-bewässerung-wird-wiederentdeckt+2500+2905231
Waale: künstliche Bewässerung in den Alpen © Strobilomyces, Veronica persica 060403Fw, CC BY-SA 3.0
Waale: künstliche Bewässerung in den Alpen © Strobilomyces, Veronica persica 060403Fw, CC BY-SA 3.0