Nachhaltigkeit hat viele Gesichter. Projektleiterin Nicole Prop erklärt im Gespräch mit Daniela Illich, wie sie mit „Green Care – Wo Menschen aufblühen“ Landwirtschaft und Soziales zum Wohl der Gesellschaft verbindet.
Die Nachhaltigkeit ist heute ein schwerststrapazierter Begriff: Warum?
Wir wissen, dass unsere Ressourcen irgendwann einmal zu Ende gehen. Wir sollten daher einen Wohlstand ohne Wachstum anstreben! Diese materielle Ebene, die erste Ebene des Glücks im Buddhismus, macht ohnehin nur kurzfristig satt.
Wenn wir von Nachhaltigkeit sprechen, meinen wir meist unser Handeln in Bezug auf Ökologie und Ökonomie. Eine ganz wichtige Säule ist aber auch die soziale Dimension – und genau da kommt das Projekt "Green Care - Wo Menschen aufblühen" ins Spiel.
Richtig! Wir müssen die soziale Komponente wieder stärker miteinbeziehen, anfangen, öfter innezuhalten und unsere Entscheidungen bewusster treffen. Wer alt, krank oder benachteiligt ist, braucht Menschen, die einem helfen und eine Umgebung, wo er zur Ruhe kommen kann. "Green Care - Wo Menschen aufblühen" hilft dabei!
Green Care ist sozusagen der erweiterte Nachhaltigkeitsbegriff. Was tun Sie genau?
Seit dem EU-Beitritt vor 20 Jahren ist die Zahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe fast um ein Drittel zurückgegangen. Dabei bieten die Bäuerinnen und Bauern nicht nur gesunde Lebensmittel an, sie sorgen mit ihrer Arbeit auch dafür, dass es der Natur und damit den Menschen nachhaltig gut geht. Wir erweitern die Lebens- und Umweltkompetenz der österreichischen Bäuerinnen und Bauern um eine soziale Komponente und nutzen die Ressource Bauernhof für innovative soziale Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Pflege & Betreuung und Arbeit & Beschäftigung.
Das heißt, Sie beleben die ländlichen Regionen und schaffen neue Arbeitsplätze?
Ja. Wir alle kennen „Urlaub am Bauernhof“ und den Abhofverkauf. Das sind Beispiele zusätzlicher Geschäftsfelder in der Land- und Forstwirtschaft. Wir gehen einen Schritt weiter, vernetzen das Potential Bauernhof mit Kooperationspartnern aus dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich und erarbeiten gemeinsam neue Modelle. In Norwegen und Holland funktioniert das seit vielen Jahren wunderbar.
Geben Sie uns bitte eine paar Beispiele zur Veranschaulichung!
Da ist zum Beispiel der Gärtnerhof GIN im 22. Wiener Bezirk, wo Menschen mit Beeinträchtigung nach organisch-biologischen Richtlinien Kräuter und Gemüse anbauen. Das Tierapie-Zentrum in NÖ unterstützt traumatisierte Personen mithilfe von Tieren beim Wiedererlangen von Vertrauen, Zuwendung und Freude. Am Adelwöhrerhof in der Steiermark werden ältere Menschen, umringt von Kühen, Pferden, Schweinen und Hasen, betreut und gepflegt. Und der Franzlhof ist ein oberösterreichischer Bauernhofkindergarten mit Wiesen und Wäldern, Fischteich und behindertengerechten Räumlichkeiten.
Die soziale Nachhaltigkeit wird durch das Projekt "Green Care – Wo Menschen aufblühen" also auch noch artenreicher!
So ist es. Wir schaffen im ländlichen Raum nachhaltige soziale Dienstleistungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und tragen dazu bei, das Angebotsportfolio im sozialen Bereich zu vergrößern. Immer in Kooperation mit Sozialträgern und Institutionen, Stichwort: Ergänzung statt Konkurrenz. Um die Qualität zu sichern, werden die Betriebe zertifiziert.