Was die junge Bewegung bereits erreicht hat, weshalb wir alle nicht in einem Boot sitzen und was FFF mit dem bevorstehenden Klimastreik am 24. September einfordert, erklärt die Aktivistin Klara König im Interview:
Welche Erfolge hat Fridays For Future in Österreich bereits erzielen können?
Eine der größten politischen Errungenschaften von Fridays For Future in Österreich war es, Klimaschutz zu dem dominierendsten Thema bei der Nationalratswahl 2019 zu machen. 2019 hat außerdem eine Mehrheit der Parteien den Entschließungsantrag im Nationalrat unterstützt und den Klimanotstand ausgerufen.
Bedauerlicherweise sind dem kaum konkrete wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen gefolgt. Seit 250 Tagen fehlt das Klimaschutzgesetz und eine lenkungswirksame ökosoziale Steuerreform ist noch ausständig.
Deswegen gehen wir am kommenden Freitag, 24. September, wieder auf die Straßen, um so politischen Druck aufzubauen und diese klimapolitischen Entscheidungen zu beeinflussen.
Gesellschaftlich hat Fridays For Future das geschafft, was die letzten 30 Jahre längst überfällig war: Hunderttausende Menschen von jung bis alt über die Dringlichkeit der Klimakrise informiert, sensibilisiert sowie im Zuge dessen politisiert.
Fridays For Future gibt vielen jungen Menschen Hoffnung und die Möglichkeit selbst zu HoffnungsträgerInnen zu werden. Die Möglichkeit, auf diese überwältigende Krise mit Taten zu antworten, indem nationale und internationale politische Diskurse und Rahmenbedingungen mit ihrem politischen Engagement beeinflusst werden.
Wie engagiert sich Fridays For Future abseits der Klimastreiks?
Der direkte Austausch mit PolitikerInnen ist neben den Klimastreiks vorrangig. Wir sprachen bereits mit allen im Nationalrat vertretenen Parteien und vielen Interessenvertretungen bzw. Verbänden. Wir setzen uns inhaltlich mit aktuellen klimapolitischen Gesetzen auseinander und argumentieren in politischen Treffen über die Notwendigkeit rascher Maßnahmen zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens.
Ziel ist es, politische EntscheidungsträgerInnen zu inspirieren, Lösungen zu diskutieren und den Druck von der Straße in konkrete Klimaschutzmaßnahmen umzuwandeln.
Weiters macht Fridays For Future notwendige Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Presseaussendungen zu klimapolitisch relevanten Gesetzen und Anlässen werden verschickt, Interviews für Magazine, Radiosender, TV und Zeitungen gegeben, Gastkommentare zur Klimapolitik und Klimagerechtigkeit verfasst.
Zusätzlich nehmen Fridays For Future AktivistInnen regelmäßig an Podiumsdiskussionen teil oder halten Reden auf Veranstaltungen. Darüber hinaus betreibt Fridays For Future Bewusstseinsarbeit in verschiedensten Bereichen, wie im Journalismus zum Beispiel mit einem erst kürzlich stattfindende Workshop zu „Klimakrise in die Medien“.
Außerdem informiert Fridays For Future in Workshops SchülerInnen, Studierende und Lehrpersonen über die Dringlichkeit der Klimakrise und die Verantwortung der Politik zur Umsetzung von konkreten und effektiven Klimaschutzmaßnahmen.
Was fordert ihr konkret beim kommenden Klimastreik?
Am 24. September gehen wir wieder weltweit auf die Straßen. Von Österreich über Namibia, über die Philippinen, sogar bis hin zur Arktis sind wir weltweit vertreten. Wir fordern Klimagerechtigkeit ein und zeigen mit diesem Streik auf, dass unterschiedliche sozioökonomische Krisen wie Rassismus oder Sexismus die Klimakrise befeuern.
Gleichzeitig verdeutlichen wir, dass wir nicht alle „im selben Boot sitzen“. Der Globale Norden hat 92 % der Emissionen zwischen 1850 und 2015 verursacht, die brutalen Konsequenzen dessen spüren jedoch primär Personen, welche im Global Süden leben, auch MAPA (=Most Affected People and Areas) genannt.
Diese Ungerechtigkeit zu bekämpfen wird mit diesem Streik nochmals in den Vordergrund gerückt. Konkret wird eine sofortige drastische Reduktion der Emissionen des Globalen Nordens gefordert. Die Klimakrise als Fluchtursache im internationalen Recht aufzunehmen, ist eine weitere Forderung.
Die Anerkennung von Ökozid im internationalen Strafrecht, sowie ein Stopp der Gewalt an indigenen Völkern, Fischern, Bauern und Bäuerinnen usw. – von Menschen, welche Natur und somit uns verteidigen.
Wir fordern die österreichische Bundesregierung auf, sich an das Pariser Klimaabkommen zu halten sowie die internationalen Forderungen umzusetzen. Um die drastische Reduktion der Emission zu bewerkstelligen, braucht es ein effektives Klimaschutzgesetz, mit einem gesetzlich festgelegten CO2-Reduktionspfad. Dazu setzen wir uns für Klimaschutz in der Verfassung, eine Auflistung der klimaschädlichen Subventionen sowie eine lenkungswirksame ökosoziale Steuerreform ein. Bei letzterem haben wir keine Zeit mehr für eine Scheinpolitik und einen unzureichenden CO2-Preis von 25 €, wie ihn die Bundesregierung aktuell diskutiert.
KlimaökonomInnen empfehlen hier einen Startpreis von über 100 €, der zusätzlich wie in anderen Ländern sozial ausgeglichen gestaltet werden muss, sodass finanziell schwächere Haushalte nicht draufzahlen. Weiters benötigt es einen Stopp von fossilen Großprojekten, welche den Klimazielen widersprechen. Alle diese Forderungen werden am 24. September lautstark, weltweit und von allen Generationen eingefordert.
Wie wichtig ist das Thema Biodiversität für die FFF Bewegung?
Die Klimakrise und das Artensterben haben oft dieselben Ursachen: Straßenbau, Zersiedelung, Zerstörung von natürlichen Ökosystemen (Abholzung von Wäldern oder Trockenlegung von Sümpfen und Mooren), industrielle Landwirtschaft (hohe Emissionen für Dünger, Artenverlust durch zu häufigen Einsatz von Pflanzenschutzmittel). All diese Tätigkeiten steigern unsere Treibhausgasemissionen und wirken sich zugleich negativ auf die Biodiversität aus.
Für eine umweltfreundliche Landwirtschaft muss die Politik die Rahmenbedingungen herstellen sowie den Umstieg für LandwirtInnen möglichst kostengünstig und einfach gestalten.
Fridays For Future sieht den Schutz von Biodiversität nicht als „Nebenprodukt“ von Klimaschutz, sondern als eine der Krisen, welche direkt mit der Klimakrise verknüpft ist. Weshalb auch gezielte Bewusstseinsarbeit zur Biodiversität, wie beispielsweise Social Media Beiträge zur Lobau oder Engagement bei der Biodiversitäts-COP der UN, stattfindet.
Wir junge Menschen sind überzeugt, dass sowohl die Klimakrise als auch die Biodiversitätskrise nicht auf der individuellen Ebene, sondern nur durch politische Maßnahmen gelöst werden kann. Daher wünschen wir uns, dass auch ältere Menschen mit uns politisch aktiv werden und von den Regierungen Maßnahmen zum Erhalt unserer Lebensgrundlage einfordern.
Spätestens seit dem Bericht des Weltbiodiversitätsrat (IPBES) ist uns jungen Menschen klar, dass die Biodiversitätskrise mit einer vergleichbaren Dringlichkeit wie die Klimakrise behandelt werden muss.
Der Aktivismus rund um die Klimakrise hat dank FFF ein junges Gesicht. Wie können sich ältere Menschen bei FFF einbringen?
Gestartet hat Fridays For Future als eine Bewegung von SchülerInnen und StudentInnen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Allianzen, welche vor allem von älteren Generationen gestaltet werden.
Die bekannteste Allianz ist die Scientists for Futures, weiters gibt es die Teachers for Future, Farmers for Future, Parents for Future (wo sich Schmetterlingsexpertin Marion Jaros engagiert), Grandparents for Future, Artists for Future, Entrepreneurs for Future und viele mehr. Für alle ist etwas dabei! Ältere Menschen können sich diesen Allianzen jederzeit gerne anschließen.
Jede Person, welche die Dringlichkeit und Ungerechtigkeit der Klimakrise verstanden hat, wird gebraucht.
Jede Person bringt Vorkenntnisse und Fähigkeiten aus ihrem Bereich mit, welche wir brauchen können, um die sozialökologische Transformation zu schaffen. „No one is too small to make a difference“. Ältere Menschen, welche nicht unbedingt in einer dieser Allianzen aktiv werden können oder möchten, haben trotzdem Möglichkeiten uns zu unterstützen. Fridays For Future ist eine junge Bewegung, welche sich durch Spenden finanziert. Daher sind wir darauf angewiesen, dass wir finanzielle Unterstützung von vielen bekommen.
Ein wirklich unterschätztes Mittel ist, sich über die Klimakrise mit FreundInnen und Verwandten zu unterhalten und zu kommunizieren, dass man persönlich von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen ist.
Wie sahen die Gletscher vor 50 Jahren aus, wie viele Insekten gab es damals noch, wie macht einem die zunehmende Hitze zu schaffen? Welche Veränderungen beobachtest du? Wie macht dir die Klimakrise bereits heute zu schaffen? Äußert man sich persönlich, erreicht man viele Leute, die für uns AktivistInnen nicht erreichbar wären.
Teile deinem Freundes- und Bekanntenkreis mit, dass das Individuum weniger Wirkungen hat als eine Gesetzesänderung der Politik, die klimafreundliches Leben für Millionen Menschen in Österreich über Nacht günstiger und attraktiver machen könnte.
Zu guter Letzt ist der direkte Austausch mit PolitikerInnen nicht zu unterschätzen. Wenn du den Eindruck hast:
- die Klimakrise wird verharmlost
- AktivistInnen werden als PanikmacherInnen dargestellt
- die Verantwortung von Österreich wird kleingeredet
- die Verantwortung wird auf das Individuum verschoben oder
- die Klimakrise wird als ein Nebenthema behandelt
dann greife ein.
Schreibe den PolitikerInnen eine Mail oder einen Brief, rufe die PolitikerInnen an, sprich mit ihnen, wende dich in einem LeserInnenbrief an die Medien. Erzähle ihnen, dass effektive Maßnahmen zum Schutz von Klima und Biodiversität notwendig sind und im Endeffekt Menschenschutz bedeuten.
Jetzt beim weltweiten Klimastreik am 24. September teilnehmen!
Mehr zu Fridays For Future gibt es hier.
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Über die Interviewpartnerin Klara König von Fridays For Future:
Klara König ist eine 22-jährige Klimagerechtigkeitsaktivistin bei Fridays und Students For Future Graz. Als Psychologie Studentin hat sie mit der fachlichen Auseinandersetzung von Klimaangst begonnen und arbeitet zurzeit in der Social-Media Koordination, sowie unterstützend in der Pressearbeit.
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